Gebannt blickt die Welt nach Fukushima. Erdbeben, Tsunami, Reaktorkatastrophe dominieren die Medien. Niemand weiss zur Stunde, ob ein nuklearer Supergau abwendbar sein wird.
Millionen von nachdenklichen Menschen rund um den Erdball fragen sich: Sollen die Atomreaktoren unsere Zukunft in einem Ausmass gefährden, das apokalyptische Dimensionen angenommen hat?
Schon 1956 beklagte sich der Atomphilosoph Günther Anders über die Antiquiertheit des Menschen: „Das Herstellungsvermögen des Menschen übersteigt sein Vorstellungsvermögen“, und er meinte damit die lebensbedrohliche Situation, in die sich der moderne Mensch mit seinen immer risikovolleren Technologien manövriert. „Im Vergleich mit dem, was wir wissen und herstellen können, können wir zu wenig vorstellen und zu wenig fühlen.“ Anders bezeichnete Atomkraftwerke als „Zeitbomben mit unfestgelegtem Explosionstermin.“
Das Märchen von den „sicheren“ Atomkraftwerken mag schon gar niemand mehr hören. „So etwas könnte in der Schweiz nie passieren!“ – natürlich nicht, in den Köpfen der Lobbyisten. Wer solchen Unsinn erzählt ist allerdings ein schlechter Märchenerzähler.
Blenden wir zurück: In Japan, dem Land der „sicheren“ Atomreaktoren, sind die AKWs so gebaut, dass sie Erdbeben bis zu einer Stärke von 7,9 bis 8,2 auf der Richterskala standhalten sollten. Dies, obwohl 1933 das Sanriku-Erdbeben mit einer Stärke von 8,4 den Meeresboden vor eben dieser Küste erschüttert hatte. Die Tsunamiwellen sollen bis 28 Meter hoch gewesen sein, weit höher als im März 2011. „Rationale“ Risikoberechnungen, mit fiktiven (aber ebenso rationalen) Wahrscheinlichkeitswerten angereichert, veranlassten die Atomlobby, einzelne Politiker und die Stromproduzenten, von „Sicherheit“ zu reden.
Die Japaner haben die gleichen Fehler gemacht wie alle Atomnationen inkl. der Schweiz. Wir glauben den Atomphysikern, wie wir einst an Märchen glaubten. Glauben heisst: für möglich, wahr oder wahrscheinlich zu halten. Die gleichen Menschen, die rational denken, glauben – hier liegt der Widerspruch, der im 21. Jahrhundert so unglaublich irreal daherkommt.
In der Schweiz sind, natürlich, unsere AKWs „sicher“, sie sollen Erdbeben bis maximal 7,0 standhalten können. Zwar wissen wir, dass vor rund 650 Jahren Basel von einem Erdbeben der Stärke 7,0 heimgesucht wurde. Jetzt müssen „Experten“ der Frage erneut nachgehen, ob sich solche oder stärkere Erdbeben wie in Japan nicht auch in der Schweiz ereignen können. „Experten“ – woher sollen die das wissen? Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) sieht allerdings auch nach Fukushima keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Wie in Japan und anderswo, streuen uns die Atomlobby, die Stromproduzenten und nicht unabhängige Politiker Sand in die Augen. Bereits lassen wir uns wieder von den Märchenerzählern in den Halbschlaf lullen.
Aus Tokio wird vermeldet, die Menschen hätten freiwillig ihren Stromverbrauch gedrosselt. Man hat ihnen behördlicherseits nahe gelegt, sie sollten für die Gemeinschaft 30% Strom sparen. Also machen sie das, keiner protestiert. Von heute auf morgen.
Landauf, landab laufen auch in unserem Land die Diskussionen heiss. Die Schwierigkeiten, die sich nach dem geforderten Ausstieg aus der Nuklearenergie ergäben, wären gross – natürlich. Seit Jahren wird von den Stromproduzenten eine Versorgungslücke herbeigeredet, sollten keine neuen AKWs gebaut werden – natürlich. Ohne Kernkraft liesse sich die Klimaschutzziele nicht verwirklichen – natürlich.
Seien wir doch ehrlich: die ungeheure Stromverschwendung, die bei uns im Laufe der letzten 50 Jahre immer grösser geworden ist, muss ein Ende haben. Behördliche Appelle an Eigenverantwortung beim Energiesparen funktionieren nicht. Jetzt sind unsere Politikerinnen und Politiker gefordert. Der Staat muss regulierend eingreifen, der Markt allein ist unfähig, das Verhalten seiner Bürger zu verändern. Energie, Strom muss deshalb auch massiv teurer werden.
Erneuerbare Energien ermöglichen den Atomausstieg – klimaschonend. Unabhängige Fachleute (u.a. der Wirtschaftingenieur Rolf Wüstenhagen, Uni St. Gallen) sind seit Jahren überzeugt, dass eine Kombination von verbesserter Energieeffizienz und erneuerbaren Energien die Nuklear- und Klimarisiken reduziert. Wasser-, Sonnen- und Windenergie, solarthermische Energie, Bioenergie (aus Biomasse wie Holz, Gras - Energie-Report WWF Schweiz) heisst die Zukunft, kombiniert mit Supergrids-Stromkabeln für einen effizienteren Stromtransport.
In der Schweiz verhindert eine Allianz aus Atomstromproduzenten und ihren Söldnern – auch genannt Lobbyisten – und zugewandten Politikern seit Jahren eine konsequente Abkehr von AKWs. Wir haben das längst durchschaut. Unser persönlicher Beitrag ist deshalb wichtig und sofort wirksam: beginnen wir heute mit Strom sparen, freiwillig, ohne Komfortverlust!