Der berechtigte Ruf in der Öffentlichkeit nach mehr Transparenz in den Dunkelkammern der Klimaleugner, Steueroptimierer, Politikverwedler und Bankgeheimnisfans wird lauter und lauter. Die diesen Trend immer noch bekämpfen, stehen langfristig auf verlorenem Posten.
Die These, wonach im IT-Zeitalter gezielte Desinformation, unehrliche PR-Aktivität, „legale“ Steuerhinterziehung, geschützte Bank-Geheimnisse und verweigerte politische Informationen früher oder später an die Öffentlichkeit gezerrt würden - dank koordiniertem Investigationsjournalismus und/oder computergestützten Daten- (Lecks) - bestätigt sich in immer rasanterem Tempo.
Gezielte Desinformation der Erdölriesen
Nicht erst seit US-Präsident Trump die dunklen, reaktionären Kräfte lobt, die gemeinhin als Klimaleugner bezeichnet werden, fühlen jene sich wieder obenauf im Land der unbegrenzten (Desinformations-) Möglichkeiten. Für sie ist die Nutzung fossiler Brennstoffe die Speerspitze des Kampfes „America first!“ ihres geschätzten Präsidenten. Abertausende von Wissenschaftlern weltweit, die vor den Folgen des Klimawandels seit Jahrzehnten warnen (und die sich in ihren Prognosen Jahr für Jahr bestätigter sehen), werden von den Lobbys und republikanischen Politikern in Washington lächerlich, Präsident Obamas Regulierungen gar rückgängig gemacht.
Doch inzwischen ist bekannt geworden, dass die Erdölgiganten wie Exxon Mobile, Chevron, Royal Dutch Shell etc. Milliarden von Dollar in politische Desinformationskampagnen pumpen. „Global Climat Coalition“ heisst deren Gegenorganisation zur internationalen IPCC. Eigens gegründete Thinktanks und pseudowissenschaftliche Publikationen sollen in der verunsicherten Bevölkerung Fakten bekämpfen und Zweifel verkaufen.
Unterstützt werden sie von Milliardär Murdochs «Wall Street Journal» und dem TV-Sender Fox News, die nicht nur für die Tea Party-Anhänger die einzigen Quellen der Wahrheit darstellen. Auch die legendären Koch-Brüder-Milliardäre (Eigentümer des fossilen Koch-Imperiums, geschätztes Vermögen 100 Milliarden Dollar) sollen in den letzten vier Jahren 400 Millionen Dollar in klimaskeptische Propaganda investiert haben («Die Zeit»).
Mobilisierung von Gegenkräften
Trotz dieser üblen Verschleierungskampagnen steigt weltweit das Wissen um die Klimaerwärmung. Regelmässig vermelden die Medien riesige Waldbrände in Kalifornien, diesmal wurden 3500 Häuser in der Region Santa Rosa zerstört. Neue Bücher informieren die Welt über die Auswirkungen des Fracking-Booms in den USA mit verheerenden Folgen für Tiere, Pflanzen und Menschen. Die Dürre treibt die Bauern in Mittel- und Süditalien zur Verzweiflung, in Portugal herrschte 2017 wochenlang Waldbrand-Inferno. Bei uns in der Schweiz rüttelt der Bergsturz von Bondo die Bevölkerung auf. Auch das Schmelzen des Permafrosts in den Alpen ist in aller Munde.
Immer deutlicher organisieren sich Gegenkräfte weltweit, als Gegenpol zu diesen Desinformationskampagnen. Die Bevölkerung soll endlich wissen, wer dahinter steckt und welches die wahren Absichten dieser Fake-News-Absender sind.
Automatischer Informationsaustausch (AIA)
Ab dem zweiten Halbjahr 2018 wird auch die Schweiz relevante Daten an zuständige ausländische Steuerbehörden vermelden, respektive von diesen ihrerseits entsprechend informiert werden. Der automatische Informationsaustausch ist ein von der OECD entwickelter, weltweit greifender Standard, der zum Ziel hat, die Steuertransparenz zu erhöhen. Es ist ein beachtlicher Etappensieg auch gegen das Kavaliersdelikt Steuerhinterziehung und hat in der Schweiz 2017 zu einer Flut von Selbstanzeigen geführt.
Ins gleiche Kapitel gehört ein Grundsatzurteil des Bundesgerichts aus dem Frühling 2017. Vor dem Hintergrund eines Steuerstreits zwischen Frankreich und der Schweiz hat es entschieden, dass die Schweiz relevante Daten eines UBS-Kunden auszuliefern hat. Noch der vorangegangene Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts hatte dies abgelehnt mit der Begründung, dass sich das Ansuchen Frankreichs auf gestohlene Bankdaten stütze.
Transparenz-Verweigerung des Ständerats
Nicht zum ersten Mal löst das Verhalten des Ständerats Kopfschütteln aus. Was ist falsch an der Forderung im 21. Jahrhundert, dass Volk und Wählerschaft wissen möchten, wer im Rat wie abstimmte – ein transparentes System, das im Nationalrat seit zehn Jahren funktioniert? Der Ständerat hat eine parlamentarische Initiative seiner eigenen Staatspolitischen Kommission versenkt.
So sollen die relevanten Daten weiterhin und auf ewig das Geheimnis des Ständeratscomputers bleiben. Die Begründungen dieses Verhaltens waren zum Teil abstrus. Die Bürger könnten ja von der Tribüne aus den Verhandlungen und Abstimmungen folgen, meinten einige.
Geheim- statt Transparenzpolitik in Bern
Eine stichwortartige Aufzählung intransparenten Verhaltens im Bundeshaus ergibt eine betrübliche Anzahl fragwürdiger Beispiele. So will der Bundesrat weiterhin Aufträge im öffentlichen Beschaffungswesen geheim behalten. Das Vertrauen der Anbieter soll damit geschützt werden – eine Umkehrlogik der besonderen Art, eine eigentliche Aushebelung des Öffentlichkeitsprinzips. Wie hoch steht denn das Vertrauen der Bevölkerung in dieses System zur Diskussion?
Eine Transparenz-Offensive der Staatspolitischen Kommission im Nationalrat wurde im Dezember 2017 bachabgeschickt. Weiterhin sollen die Ratsmitglieder im Register der Interessenbindungen nicht offenlegen müssen, wer ihr Arbeitgeber ist. Auch der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte beschwerte sich: Das Transparenzziel würde ins Gegenteil verkehrt, liess er den Bundesrat wissen. Grund seiner Intervention waren das Beschaffungsrecht (siehe oben), ÖV-Vorlage, Nachrichtendienstgesetz, Lebensmittelgesetz. Lobsiger monierte, damit werde auf intransparentem Weg die Transparenz ausgehöhlt (NZZ).
Dass der Bundesrat auch im Jahr 2018 nichts wissen will von der Offenlegung der „geheimen“ Finanzierung unserer politischen Parteien, Abstimmungs- und Wahlpropaganda ist bedauerlich. Dass er dies damit begründet, die Forderung der pendenten Transparenzinitiative wäre nicht vereinbar mit unserem politischen System, diese Argumentation allerdings ist nur noch peinlich.
Denkfehler des Zürcher Polizeivorstands
Zum Schluss dieser Transparenz-Kolumne sei noch Richard Wolff zitiert, der Polizeivorstand der Stadt Zürich. Bei Straftätern will er künftig keine Nationalitäten mehr nennen, da dies Vorurteile in der Gesellschaft und damit dieser Gesellschaft selbst schaden könnte. In der «NZZ am Sonntag» mokiert man sich: Die Polizei wird irgendwann nur noch Communiqués verschicken, in denen es heisst: «In Zürich ist etwas passiert.“ Kommentar überflüssig.
Die Transparenz-Forderung ist einer der wichtigen Treiber des 21. Jahrhunderts. Das Volk – der Souverän – möchte endlich mehr darüber wissen, was ihm von Politik und Wirtschaft verheimlicht wird.