Vordergründig ein unstatthafter Vergleich, denken Sie? Unser Wirtschaftssystem, das auf freiem Unternehmertum basiert (und dessen treibende Kraft das Gewinnstreben einzelner ist), mit der staatlich gelenkten Gegenbewegung, die nachsozialistische Ziele verfolgt, zu vergleichen? Schliesslich "obsiegte" unser System über die letzten kläglichen Trümmerreste des anderen endgültig mit dem Fall der Berliner-Mauer. Natürlich, doch schauen Sie selbst.
Sehr aktuell und medienpräsent ist in Zeiten der Welt-Wirtschaftskrise das vernichtende Urteil weiter Teile der Gesellschaft über die Schuldigen: die grössenwahnsinnigen Manager der US-Hypothekar- und Bankinstitute haben die ganze Welt in einen Abwärtsstrudel gerissen, für den nun die unschuldige Mehrheit der Bevölkerung zu bezahlen hat. Dagegen liegen die vernichtenden Urteile über die grössenwahnsinnigen Diktatoren des letzten Jahrhunderts schon zwei Generationen zurück: Lenin, Mussolini, Hitler, Stalin haben natürlich in weit brutalerem Ausmass Unglück über die ganze Welt gebracht. Auch dafür hat die Menschheit teuer bezahlt.
Wie ist es möglich, dass Grössenwahnsinnige auch im 20. und 21. Jahrhundert soviel Macht akkumulieren können, dass sie – vorerst als Genies gefeiert – mit der Zeit in einer abgehobenen Scheinwelt schalten und walten können bis zum Tag, an dem das ganze Lügen- oder Terrorgebilde zusammenkracht? Und am Tag darnach die Welt wie aus der Trance erwacht und sich fragt: Wie konnte es soweit kommen? Und besonders beängstigend: Wie konnten Millionen von Menschen so blind sein, diese Entwicklungen nicht vorauszusehen?
Verfolgen wir vorerst die Stationen der Entwicklung der ungleichen Systeme: Hier die uneingeschränkte Freiheit der naiven Marktgläubigkeit des Kapitalismus. Sie entwickelte sich auf der Basis der Marktwirtschaft, mutierte graduell zu einem zusehends deregulierten selbstherrlichen Wirtschaftsdiktat, dem die Politik meinte, folgen zu müssen. Schliesslich herrschte das Geld uneingeschränkt. Der Kommunismus seinerseits, als uneingeschränkter Totalitarismus eingebettet in einer sturen Staatsideologie, entwickelte die verstaatlichte Planwirtschaft unter der Ägide des Parteidiktats, dem die Politik nolens volens zu folgen hatte. Schliesslich herrschte die Geheimpolizei uneingeschränkt.
Top-Manager und "Führer" verfügten über die grossen Machtmittel, um ihre persönliche Ideologien durchzusetzen. Graduell entwickelten sie den Grössenwahn, der Auslöser der nächsten Stationen ins Verderben war. Im Kapitalismus begann die hohe Zeit des politischen Populismus, dessen Sprache die Polemik ist. Im Kommunismus entwickelte sich der politische Zynismus, dessen politischer Ausdruck die Diktatur war. An dieser Stelle folgte, überraschend oder herbeigesehnt, der Systemkollaps. Erlaubt hatte diese Entwicklung im Kapitalismus die mangelnde Aufsicht innerhalb der politischen Rahmenbedingungen, während im kommunistischen System der Kollaps durch Zerfall eintrat. In beiden Fällen waren die Machtstrukturen intransparent.
Was folgte, kennen wir zumindest in Ansätzen: Der wirtschaftliche Ruin rief zur Sanierung (neue) Staatseingriffe auf den Plan, Unsummen, ja Milliarden von €, £, $ oder CHF mussten dazu die Leidtragenden aufbringen – das Volk.
In einer funktionierenden Demokratie zu leben ist ein gewaltiges Privileg, schützt aber nicht vor menschlichen Auswüchsen, die systemgefährdend sein können. Der Kapitalismus ist somit keineswegs ein Garant unserer Demokratie. Im Gegensatz zum Kommunismus hat er jedoch den immensen Vorteil, durch direkten Bürgereifluss gezähmt werden zu können. Dazu braucht es – anstelle der polarisierenden Links- und Rechtsaussenparteien – unideologische Menschen, die Lösungen suchen. Für die nicht die Übertölpelung oder Überstimmung des politischen Gegners im Vordergrund steht sondern der gemeinsame runde Tisch, an dem die zukunftsfähigen, nachhaltigen Lösungen gemeinsam errungen werden.