Der Duden definiert Populismus so: Von Opportunismus geprägte, volksnahe Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen.
In den USA sind es neuerdings die Tea-Party-Protagonisten (wie Sarah Palin), deren populistischen Forderungen beide etablierten Parteien ins Schwitzen bringen. In Österreich, Italien, Frankreich, Holland, Deutschland erringen populistische Kräfte in letzter Zeit beachtliche Erfolge. In der Schweiz lebt die SVP geradezu musterschülerhaft nach den Duden-Richtlinien und punktet dabei. Warum?
In Zeiten wachsender Unsicherheit halten sich viele Menschen an einfache, verständliche Parolen, die suggerieren, Lösungen für alle Probleme liefern zu können. Sie glauben populären Versprechungen. Sie sehnen sich nach Sicherheit und den guten alten, besseren Zeiten. Diese Reaktionen sind durchaus verständlich und nachvollziehbar.
Sie haben nur einen Haken: So wenig wie Sicherheit garantiert, gut tönende Versprechungen eingehalten, wohlfeile Parolen umgesetzt werden können oder gar einfache Lösungen der wichtigsten Probleme realisierbar sind, so wenig tragen solche Strategien zur Verbesserung des politischen Klimas bei. Falsche Hoffnungen zu wecken ist zwar nicht illegal, aber trotzdem nicht legitim. Sind Illusionen einmal verflogen, können sie bekanntlich und erfahrungsgemäss zu gefährlichen Reaktionen führen.
In der Schweiz sieht ein solchermassen konzipiertes Parteiprogramm der stärksten Partei etwa wie folgt aus:
- wir stehen ein für die Schweiz;
- unser Programm ist geprägt vom Einsatz für eine sichere Zukunft in Freiheit, Unabhängigkeit und Wohlstand, für ein lebenswertes Zuhause in unserer schönen Schweiz;
- wir setzen uns ein für den schweizerischen Sonderfall und eigenverantwortlich handelnde Bürger;
- usw.
Alles wohlklingend, wer würde nicht für die Schweiz einstehen? Wer könnte gegen eine sichere Zukunft in Freiheit sein? Wer hätte gar etwas gegen Wohlstand und lebenswertes Zuhause? Und wer betrachtet sich nicht als eigenverantwortlicher Bürger? Also, liebe Parteipräsidenten aller Couleurs: Jetzt wisst auch ihr anderen, wie das Parteiprogramm im Hinblick auf die Wahlen 2011 aussehen muss, damit die Wählenden abgeholt werden können. Warum noch zögern?
Zögern heisst denken. Denken macht nachdenklich. Und da tauchen die Fragen auf: Warum hat sich eben diese stärkste Partei im Parlament in letzter Zeit völlig isoliert? Warum erleben wir eine Periode der grossen Zerwürfnisse, der Blockaden, der Hässigkeiten? Eine Studie des Politikforscher-Netzes „Politools“ zeigt auf, dass vor 10 Jahren 75% aller Bundesratsparteien im Parlament hinter gemeinsam beratenen Vorlagen standen, vor drei Jahren waren es noch 60%, dieses Jahr gerade mal mickrige 30%. Der Grund: der sture Oppositionskurs der SVP; bei jeder zweiten Vorlage stimmte sie gegen die anderen Bundesrats-Parteien.
Diese Blockaden schaden der Schweiz. Sie fördern zudem die Politik-Verdrossenheit. Das Volk ärgert sich über die Handlungsunfähigkeit in Bern. Und es mag sich fragen: Wer steht da ein für die Schweiz, für eine sichere Zukunft in Freiheit? Oder sieht gar der immer beschworene schweizerische Sonderfall so aus?