"Wir können Probleme nicht mit derselben Denkweise lösen, wie wir sie geschaffen haben." Dass Albert Einstein dies feststellte, überrascht auch 100 Jahre später nicht. Schliesslich war er der berühmteste Wissenschaftler seiner Zeit. Seiner Zeit weit voraus, würde ich sagen.
Wenn wir jetzt zu Beginn des Jahres 2010 die Weltwirtschaft im Allgemeinen und die Bankenwelt im Besonderen betrachten, stellen wir fest, dass riesige Probleme, die durch menschliches Fehlverhalten ausgelöst worden sind, unseren naiven Glauben an stetigen Wohlstands-Fortschritt erschüttert haben. Die Krise ist überwunden, vermelden bereits jetzt Statistiker, Prognostiker und Banker. Natürlich ist das branchentypisches, kurzfristiges und lineares Denken. Denken, das Gegenwärtiges mit Vergangenem vergleicht. So haben wir damals die Krise (1929) überwunden, jetzt haben wir das bedeutend besser hingekriegt. Haben wir?
Dieses Denken ist nicht mehr zeitgemäss. Die Problemlösungsansätze vieler Involvierter sind bezeichnend: Schliesslich wissen wir aus Erfahrung am besten, wie möglichst rasch der banale Alltag über das Fiasko gestülpt wird. Der ehemalige Banker als Finanzminister im Bundesrat. Ein ehemaliger Bundesrat als neuer VR-Vorsitzender der UBS. Der ehemalige Top-Banker der CS als neuer Top-Banker der UBS. Ein ehemaliger Banker als Chef der Bankenaufsicht. Eine omnipräsente Banken-Lobby im National- und Ständerat. Alles wie gehabt. Die alte Denkweise. Zweifel sind angebracht.
"Wir dürfen niemals dort beginnen, wo wir sind. Wir dürfen keine Vergleiche ziehen, kein Benchmarking betreiben. Unsere Ziele müssen jenseits unserer (heutigen) Kapazitäten liegen. Wir brauchen ein Ziel, das uns zu Innovationen zwingt", beschwört uns C.K. Prahalad, weltberühmter Professor aus Michigan und gleichzeitig Vordenker westlicher und indischer Manager. Der gebürtige Inder ist einer der wichtigsten Denker seines Landes und berät den Premierminister und viele grosse Konzerne. Er rät, sich eine Situation z.B. im Jahr 2022 vorzustellen und sich dann zu fragen: Wie wollen wir dann dastehen?
Ein anderer Vordenker, Peter F. Drucker (visionärer Ökonom, gestorben 2005), plädierte dafür, bei der Zukunftsplanung das Etablierte, Gewohnte, Vertraute, Bequeme systematisch aufzugeben. Er meinte, dass das, was wir heute als gesicherte Erkenntnis betrachten, morgen bereits absurd sein kann.
Schon seit Jahren vertrete ich selbst die These, dass wir im Moment eine "Wasserscheide" überschreiten. Getrieben durch IT und Globalisierung formiert sich in vergleichsweise kurzer Zeit eine neue Gesellschaft. Diese Zukunft gilt es zu gestalten. Dabei ist die Devise, möglichst viele alte Privilegien zu retten der falsche Ansatz. Schon fast humoristisch naiv wirkt in diesem Zusammenhang der Ratschlag Thomas Borers (ehemaliger Schweizer Diplomat) an die Politiker, es gälte die Schweizer Grundwerte zu verteidigen – gemeint war damit der Finanz- und Steuerplatz Schweiz.
Das neue Denken beginnt mit Fragen und Bildern. Wie könnte es im Jahr 2032 sein? Welches Klima (auch im übertragenen Sinn) wird dann unser Handeln beeinflussen? Wie "erfinden" wir in der Zwischenzeit Schweizer Exportwerte, die weltweit noch berühmter sein würden als heute der Käse und die Swatch? Was machen wir mit den Gletschern ohne Eis? Und natürlich: Wie könnte ein Schweizer Bankenprodukt aussehen, das nicht auf Steuerhinterzieher aller Länder angewiesen wäre?
Deshalb interessiert mich die Zukunft. Deshalb suche ich nach innovativen Veränderungen und Lösungen, die auf die Szenarien von 2032 zugeschnitten sind. Zwar interessiert mich die Vergangenheit, aber ich gedenke in der Zukunft zu leben.